Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik dem Recht angepasst werden.
– Immanuel Kant
Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Unsere Macht ist zerstörerisch. Wir können zwar die Schöpfung beenden und alle Menschen töten, aber wir können keinen einzigen Menschen erschaffen.
– Franz Alt
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20.04.2019 | www.kla.tv/14183
Der Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks ist am 11. April 2019 in der ecuadorianischen Botschaft in London von der britischen Polizei verhaftet worden. Gemäß der britischen Polizei liegt ein US-Auslieferungsersuchen vor. Die USA werfen Assange Verschwörung vor. Assange hielt sich seit dem Jahr 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London auf. Die Vorgängerregierung Ecuadors unter Präsident Rafael Correa hatte ihm Asyl gewährt und damit vor einer Auslieferung an Schweden geschützt. Assange wurde beschuldigt, im Jahr 2010 zwei Schwedinnen sexuell belästigt zu haben. Der Gründer von WikiLeaks hatte jedoch stets seine Unschuld beteuert und den Verdacht geäußert, dass es sich bei dieser Anschuldigung um ein politisches Komplott handeln könnte. Das schwedische Verfahren wurde 2017 eingestellt. Trotzdem drohte ihm schon seit längerem eine Verhaftung durch die britische Polizei – wegen angeblicher „Verstöße gegen die Kautionsbedingungen“. Diese Verhaftung wurde nun möglich, weil der derzeitige Präsident Ecuadors Lenin Moreno Assange vor kurzem das diplomatische Asyl sowie die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen hatte – angeblich wegen Verletzungen der Regeln der Botschaft. Assange drohen schon seit Jahren eine Auslieferung an die USA und ein anschließender Strafprozess. US-Behörden werfen ihm die „Verschwörung zum Eindringen in Computer“ vor. WikiLeaks veröffentlichte mehrfach interne Dokumente von US-Armee und US-Behörden und brachte skandalöse Menschenrechtsverstöße im US-Gefängnis Guantánamo Bay und Gräueltaten der US-Streitkräfte im Irakkrieg und Afghanistan ans Licht. Speziell wird Assange eine gemeinsame Verschwörung mit dem Computer-Spezialisten und Angehörigen der US-Streitkräfte Bradley Manning, der nach einer Geschlechtsumwandlung heute Chelsea Manning heißt, vorgeworfen. Manning hatte ihm Informationen über die Kriegsverbrechen der USA im Irak weitergeleitet. WikiLeaks hatte daraufhin die meisten der mehr als 740.000 Dokumente auf der Website veröffentlicht. Die Höchststrafe für die „Verschwörung zum Eindringen in Computer“ liegt offiziell bei fünf Jahren. Verschiedene Stimmen aus den USA wie z.B. Fox-News-Moderator Bill O’Reilly oder der Politikwissenschaftler Tom Flanagan hatten allerdings schon vor Jahren die Todesstrafe für Assange gefordert. Die Anwälte von Assange sind sich sicher, dass es nicht bei der kurzen Anklage „Verschwörung zum Eindringen in Computer“ bleibt. Sie rechnen damit, dass er und andere Mitarbeiter von WikiLeaks auf der Grundlage des Espionage Act (zu Deutsch „Spionage-Verordnung“) angeklagt werden. Dabei handelt es sich um ein altes Gesetz aus dem Jahr 1917. Es sieht jahrzehntelange Haftstrafen und in besonders schweren Fällen auch die Todesstrafe vor. Die Mutter des WikiLeaks-Aktivisten, Christine Assange, äußerte schon vor längerem, welche dramatischen Konsequenzen eine Auslieferung ihres Sohnes an die US-Behörden haben könnte: „Sie machen meinen Sohn zum Schuldigen, um eine Auslieferung an die USA zu rechtfertigen, wo ihn ein Schauprozess erwartet. […] In den letzten acht Jahren hatte er kein ordentliches juristisches Verfahren. Es war auf jeder einzelnen Stufe unfair und eine Pervertierung des Rechts. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich dies in Zukunft ändert. Die für WikiLeaks zuständige US-amerikanische Grand Jury, die den Auslieferungsantrag stellte, tagte geheim mit vier Anklägern, aber ohne Verteidigung und ohne Richter. Der Auslieferungsvertrag zwischen Großbritannien und den USA ermöglicht es Großbritannien, Julian an die USA auszuliefern, ohne dass ein echter Straftatbestand vorliegt. In den USA erlaubt der National Defense Authorization Act (NDAA) eine unbefristete Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren. Julian könnte sehr wohl in Guantanamo festgehalten und gefoltert werden, zu 45 Jahren Gefängnis im Hochsicherheitstrakt oder zum Tode verurteilt werden. Mein Sohn ist in Lebensgefahr durch brutale politische Verfolgung von skrupellosen Machthabern, deren Verbrechen und Korruption er als WikiLeaks-Chef mutig an die Öffentlichkeit brachte. Wir müssen protestieren, um diese Brutalität einzudämmen. Ich rufe alle Journalisten dazu auf, jetzt aufzustehen, weil er Ihr Kollege ist und Sie der Nächste sind. Ich rufe alle Politiker auf, die sagen, sie seien in die Politik eingestiegen, um den Menschen zu helfen, jetzt aufzustehen. Ich rufe alle Aktivisten auf, die sich für Menschenrechte, Flüchtlinge, für die Umwelt und gegen Krieg einsetzen, jetzt aufzustehen, weil WikiLeaks eure Anliegen unterstützte und Julian jetzt an eurer Seite dafür leidet. Ich appelliere an alle Bürger, denen Freiheit, Demokratie und eine faire Gerichtsbarkeit wichtig sind, ihre politischen Differenzen beiseite zu legen und sich zusammenzuschließen.“ Die Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel und Sevim Dagdelen (beide Linke) und die spanische Europa-Abgeordnete Ana Miranda (Grüne) zeigen auf, in welch gravierender Weise die westliche Pressefreiheit bedroht ist, wenn im Fall Assanges keine Proteste oder Gegeninitiativen unternommen werden. Die Auslieferung Assanges an die US-Behörden und eine Verurteilung des WikiLeaks-Aktivisten schaffe einen „gefährlichen Präzedenzfall“, durch den Journalisten aus aller Welt, einschließlich EU-Bürger, an die USA ausgeliefert werden könnten, wenn die Berichterstattung als ein Risiko für die nationale Sicherheit der USA interpretiert wird.“ Es drohe eine „weltweite Kriminalisierung des Journalismus“.
von kno.
https://www.heise.de/tp/features/Festnahme-von-Julian-Assange-aufgrund-von-US-Auslieferungsantrag-4397666.html
https://www.nachdenkseiten.de/?p=47287
https://deutsch.rt.com/international/87050-julian-assange-ein-steckbrief/
https://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Assange
https://www.zeit.de/news/2019-04/11/linkspartei-und-gruenen-politiker-stroebele-kritisieren-assange-festnahme-in-london-20190411-doc-1fk37q