Ergänzende Sendungen zu diesem Thema:
Kinderklau – aufgrund "zu enger Mutter-Kind-Bindung"?! www.kla.tv/16305 Dr. Andrea Christidis über die Hintergründe von Kinderraub www.kla.tv/11989 Kinderschutzgesetz: Segen oder Fluch für Kinder und Familien? www.kla.tv/17686 |
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20.05.2022 | www.kla.tv/22577
Verehrte Zuschauer, immer gehäufter erreichen uns auf kla.tv Hilferufe, meist von betroffenen Müttern, mit Schilderungen erlebter terrorverdächtiger Kindesentnahmen. Ohne Vorwarnung, durch Überrumpelungstaktik und Gewaltanwendung wurden Kinder aus ihrem gewohnten Familienumfeld herausgeholt und weggeführt, ohne Information, wohin die Kinder gebracht werden. Der überrannte Elternteil bleibt machtlos und allein gelassen hilflos zurück. Noch immer findet diese unglaubliche Tatsache nicht genügend Beachtung in der Öffentlichkeit. Bereits im Mai 2020 berichtete kla.tv in einem Interview über die Not einer betroffenen Mutter, deren Kinder durch Polizeigewalt abgeholt und jäh aus der Familie gerissen wurden. Daran anknüpfend lässt diese Sendung Expertenstimmen zu Wort kommen. Hören Sie heute in einem Podcast die aktuelle Bestandsaufnahme des Soziologen Dr. Wolfgang Hammer über Schwachstellen in der Familiengerichtsbarkeit. Am 4. April 2022 spricht er in einem Pressebericht über seine Studie „Familienrecht in Deutschland“. Die Studie belegt, wie Gerichte und Institutionen Kinder gefährden statt sie zu schützen. Er weist auf Anschuldigungen hin, die ohne Überprüfung des Faktengehalts schlichtweg haltlos sind. Ebenso nennt er in seiner Pressemitteilung auch Familienrechtsexperten, Kontaktadressen und Ansprechpersonen zu Familienrecht und Handlungsbedarf. Die detaillierte Zusammenfassung der Faktenlage der Studie von Dr. Hammer, finden Sie ebenso im Abspann unter Teil II. Familienrecht in Deutschland, - Eine Bestandsaufnahme - Teil I –Vorwort für Studie von Dr. Wolfgang Hammer. Der Autor des nachfolgenden Berichts, hat über mehrere Jahre die Entscheidungsabläufe und ihre Hintergründe in Familiengerichten und Jugendämtern ausgewertet, die die Trennung – vor allem von alleinerziehenden Müttern – von ihren Kindern zur Folge hatten oder deren Trennung zumindest angestrebt wurde. Im ersten Teil des Berichts findet sich eine Analyse der Datenlage zu Kindern in familienrechtlichen Verfahren. Ausgewertet wurden zudem 92 familienrechtliche Fälle, die im Zeitraum 1998 bis 2021 beim Bundesverfassungsgericht sowie beim Bundesgerichtshof anhängig waren. Hinzugezogen wurden außerdem zahlreiche vorinstanzliche Beschlüsse von Oberlandes- sowie Amtsgerichten aus ganz Deutschland. Sichtbar werden Schwachstellen in der der Familiengerichtsbarkeit sowie der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere im Hinblick auf deren Praxis im Umgang mit Wechselmodellen [Pendelmodell in der Betreuung gemeinsamer Kinder nach Trennung der Eltern in zwei Haushalte]. Der zweite Teil des Berichts gibt einen Überblick über bis Ende 2021 ausgewertete 1.023 Fälle problematischer Inobhutnahmen und Fremdunterbringungen durch 135 Jugendämter in Deutschland sowie weiteren 41 Fällen in Österreich und der Schweiz. Die Auswertung erfolgte zum einem durch die Analyse von aktenmäßig festgehaltenen Hinweisen, Begründungen und Entscheidungen der zuständigen Jugendämter zum anderen durch die Auswertung der Rechtsprechung. Beide Auswertungen (Teil I und Teil II) legen unabhängig voneinander Grundmuster der Entscheidungsfindung in Jugendämtern und Familiengerichtsverfahren frei, die sich einer fachlichen und rechtlichen Begründbarkeit entziehen und Kinder gefährden. Hinter dieser Entwicklung stehen vier Narrative: (1) Mütter entfremden Kinder; (2) nur eine 50:50 Aufteilung der Betreuungszeit lässt Kinder gesund aufwachsen; (3) Mütter wollen Kinder und Geld sowie (4) Mütter erfinden Gewalt und Missbrauch. Die Auswertungen in dem vorliegenden Bericht zeigen, dass diese Narrative weder wissenschaftlich noch fachlich haltbar sind, jedoch regelmäßig zur Begründung von Entscheidungen in familienrechtlichen Verfahren und in der Kinder- und Jugendhilfe herangezogen werden. Wie konnte es dazu kommen? Lobbyorganisationen beeinflussen das familienrechtliche Umfeld und die Rechtsprechung in hohem Maße. Mehr noch, der Bericht zeigt, dass deren Narrative sich zu einer Doktrin in der Aus- und Fortbildung familienrechtlich Beteiligter entwickelt hat und bundesweit von wenigen Beteiligten dominiert wird, so dass der so dringend benötigte neutrale Grund verlassen werden kann. So legt der erste Beitrag offen, dass beispielsweise in Hamburg in den Jahren 2013 bis 2019 jährlich nur eine Fortbildung zu „hochkonflikthaften“ Eltern-Kind-Beziehungen angeboten wurde. Der einzige Dozent ist Autor und Herausgeber von Publikationen, in der „die Verfügung des hauptsächlich betreuenden Elternteils über das Kind als mächtiges Mittel in der Gegnerschaft mit dem getrenntlebenden Ex-Partner und „Elternteil1“ bezeichnet wird. Bei der systemischen Betrachtung der Entwicklung des Familienrechts wird deutlich: Der Einfluss der gesellschaftlich konsentierten – guten und wichtigen – Gleichberechtigung von Mann und Frau wird im Familienrecht zu Lasten der Kinder missbräuchlich angewandt. Zudem wird die Besonderheit der Beziehung zwischen Mutter und Kind nicht nur marginalisiert oder als „symbiotisch“ angeklagt, sondern Mütter zudem in Aus- und Fortbildungen durch Bezeichnungen wie „Kinderbesitzerinnen“ mit „Verfügungsgewalt“, entwürdigt. Im Gerichtssaal ist nunmehr die Rede von Verfügungsgewalt der Mutter und der Notwendigkeit der Schaffung „ausgeglichener Machtverhältnisse“. Für Erwachsene mag das ein Erfolg sein. Für die betroffenen Kinder ist es oft eine Katastrophe. „Ich kann darüber nicht reden, ich habe Angst um die Kinder.“, „Bitte behandeln Sie meinen Fall vertraulich.“, „Mir glaubt keiner, dass so etwas möglich ist.“ So oder so ähnlich äußern sich die Mütter, mit denen zu Recherchezwecken in Kontakt getreten wurde. Kluge, empathische, gut aufgestellte Frauen. Sie berichten von Drohungen und Erpressungen vor Gericht und in Beratungssituationen. Teilweise haben sich entlang der Narrative ideologisch aufgestellte „Subsysteme“ in der Familiengerichtsbarkeit gebildet und die familienrechtlichen Gegebenheiten ermöglichen eine Präjudizierung von Ergebnissen. Da es einen – guten und wichtigen – gesellschaftlichen Konsens zur Gleichberechtigung und gemeinsamer Elternschaft gibt, fielen die in der Öffentlichkeit breit und jahrzehntelang gestreuten Narrative auf fruchtbaren Boden. „Gleichberechtigung“ wird jedoch im familienrechtlichen Alltag als gleiches (zeitliches) Recht am Kind sowie physischer und psychischer Gewaltausübung vielfach missbraucht. Ein Kind ist kein teilbares Objekt. Eine derartige Auslegung von Gleichberechtigung steht im Gegensatz zum Recht und Bedürfnis von Kindern auf eine möglichst unbeschwerte Kindheit. Die Auswertung von 92 Fällen, die seit 1998 bis Ende 2021 beim Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof beschieden wurden, zeigt die Bandbreite langjähriger und multipler Verfahren, die teilweise beginnen, wenn die Kinder noch Säuglinge sind. Manche Gerichtsladung wird vorgeburtlich oder praktisch im Kreißsaal zugestellt. Dass Kinder von den Emotionen der Mutter im Mutterleib beeinflusst werden, ist belegt. Weder auf die Mutter noch auf das Kind wird hier Rücksicht genommen. Mutterschutz nach Art. 6 (4) Grundgesetz endet beim Arbeitsrecht. Aufgrund der vielen benötigten Ressourcen, die es erst ermöglichen, die Instanzenwege zu beschreiten, ist erkennbar, dass es sich bei den 92 Fällen vor dem Bundesverfassungsgericht/ Bundesgerichtshof fast ausschließlich um Verfahren handelt, die die Mittel- und Oberschicht betreffen. Der Berichtsteil II zeigt jedoch, dass die Narrative auch dort greifen, wo Menschen nicht über diese Ressourcen verfügen, die für den langen Atem der Instanzenzüge nötig sind. Immer wieder zeigt sich eindrücklich, dass eine Vielzahl der Kinder vor Verfahrensbeginn psychisch und physisch gesund und sozial gut integriert in Kita und Schule ist. Ihre langjährig erfolgreich gelebten Lebensmodelle werden mit der gerichtlichen Anordnung von Inobhutnahmen, Umplatzierungen und Wechselmodellen aller Art aufgelöst. Erläutert wird, was gerichtlich angeordnete „Wechselmodelle“ für Kinder bedeuten – Entwurzelung. Und dass mit der familienrechtlich bedingten Einführung eines solchen Modells, das oft familienrechtlich begründete Martyrium der Kinder noch mal größere Dimensionen annehmen kann. Eine quantitative Elterngerechtigkeit (wie viel Zeit mit dem Kind erhält ein Elternteil) hat sich zum Maßstab für das Kindeswohl entwickelt. Auf Ebene der Familiengerichtsbarkeit ist die Zahl der familienrechtlichen Beteiligten hoch und mit ihnen die Komplexität und Dauer der Auseinandersetzungen. Anhand der Auswertung wird deutlich, dass die familienrechtlich bedingte Erforschung des Kindeswillens und die fortwährende Beobachtung und Analyse vieler Verfahrensbeteiligter, häufig auch Dritter, Loyalitätskonflikte geradezu herbeiführt. Die Kinder werden in mitunter hoher Taktung von einer Vielzahl ihnen im Alltag fremden Menschen beobachtet, befragt und analysiert. Um vor Gericht die gewünschten Aussagen zu erreichen, ist es geradezu systemisch bedingt, dass Kinder von mindestens einem Elternteil manipuliert werden. Diese Manipulationen sind teilweise schwer oder gar nicht nachweisbar. Im Verlauf der langjährigen oft multiplen Verfahren kommt es bei Kindern häufig zu schwerwiegenden Verhaltensauffälligkeiten und Störungen der Persönlichkeitsentwicklung. Die mit den Verfahren einhergehenden Verhaltensauffälligkeiten werden ursächlich im „Elternkonflikt“ gesehen. Die Auswertung setzt sich kritisch mit der Annahme des „Elternkonflikts“ auseinander. Die Mehrzahl der Kinder ist den größten Teil ihres Lebens von den Verfahren betroffen. Es fehlt an Daten, empirischer Forschungsarbeit und einer soliden wissenschaftlichen Basis als wichtige Referenz für Entscheidungen im Familienrecht. An die Analyseteile knüpfen im Teil III Empfehlungen an, die entwickelt wurden, um Kinder (und Eltern) in einer rechtsstaatlich angemessenen Form zu berücksichtigen. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Was hier in Deutschland geschieht, steht im Widerspruch zum Grundgesetz, zur UN-Kinderechtskonvention, zur Istanbul-Konvention und zum Kinder- und Jugendhilfegesetz. Sämtliche Erkenntnisse internationaler Forschung und der Runden Tische zum Sexuellen Kindesmissbrauch werden nicht nur ignoriert, sondern teilweise ins Gegenteil verkehrt. Nicht akzeptabel ist, dass solche gravierenden Rechtsverletzungen ignoriert werden oder beispielsweise als Jugendamts-Bashing abqualifiziert werden. Bei den über tausend Einzelfällen mit 135 involvierten deutschen Jugendämtern, bei denen jeweils mindestens eine Führungsebene beteiligt war, hat keine Korrektur der nicht-fachlichen und rechtswidrigen Entscheidungen stattgefunden. Korrekturen erfolgten nur auf dem Rechtsweg. Die Anzahl der belegten Fälle, die Kenntnis über die Rechtsverletzungen sowie deren Dokumentation in Ombudsstellen und Betroffenen-Organisationen bieten schon seit langem keine Grundlage mehr, das Problem klein zu reden. Wir haben es mit einem handfesten rechtsstaatlichen Skandal zu tun, der sofortiges Handeln der politischen Verantwortungsträger erforderlich macht. Wir dürfen in Deutschland keiner kinder- und frauenfeindlichen Ideologie einen Raum geben, auf deren Basis in Jugendämtern und Familiengerichten Grundrechtseingriffe vorgenommen werden und Kindern der Schutz vor Gewalt, Entwürdigung und sexuellem Missbrauch genommen wird. Am 9.12.2021 mahnte der Hochkommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen vor diesem besorgniserregenden Trend: „Geleitet von pseudowissenschaftlichen und regressiven Theorien wie der elterlichen Entfremdung, versagen die Gerichte in Spanien und anderen Ländern dabei, das Recht der Kinder auf Freiheit von Gewalt und das Recht der Frauen auf Nichtdiskriminierung zu gewährleisten." Es ist Zeit zu handeln! Dr. Wolfgang Hammer Norderstedt, März 2022
von avr
Faktenblatt der Studie https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/aktuelles/nachrichten/nachricht/studie-familienrecht-in-deutschland-eine-bestandsaufnahme.html?file=files/userdata/downloads/news/News%202021/Faktenblatt.pdf&cid=13711