Ergänzende Sendungen zu diesem Thema:
Pflegenotstand in deutschen Krankenhäusern - Insiderbericht eines Krankenpflegers www.kla.tv/14703 Schweiz: Fachkräftemangel könnte im Inland gelöst werden www.kla.tv/16153 Verschmelzung Mensch und Maschine – unsere goldene Zukunft? www.kla.tv/18157 Impfpflicht in Deutschland – Pflege für Aufklärung zeigt Gesicht! www.kla.tv/21072 RTV-TALK: Corona-Impfung: (K)eine Chance!? www.kla.tv/19065 ZEUGEN DER WAHRHEIT: Was in Spitälern, Heimen und Arztpraxen wirklich passiert www.kla.tv/21601 Weitere Sendungen aus unserer Sendereihe zum Fachkräftemangel: Fachkräftemangel – Teil1: Zuwanderung als Allheilmittel? www.kla.tv/26364 Fachkräftemangel – Teil2: Ohne Kinder keine Fachkräfte www.kla.tv/26428 |
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06.07.2023 | www.kla.tv/26477
Herzlich Willkommen zu Teil 3 unserer Sendereihe zum Fachkräftemangel – heute mit dem Thema Pflege. Laut Prognosen des deutschen Pflegerats werden im Jahr 2030 circa 500.000 Pflegekräfte fehlen. Was hat zu diesem gewaltigen Notstand geführt und was wären potentielle Auswege? Diese Fragen möchten wir in der heutigen Sendung analysieren. In den Krankenhäusern gibt es schon seit geraumer Zeit eine Prioritätenverschiebung. Diese zunächst kommunal geführten Einrichtungen wurden nach und nach privatisiert und haben sich von ihrer ursprünglichen Bestimmung als Orte der Heilung zu gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen hin entwickelt. Eine entscheidende Rolle spielte dabei die Einführung des Fallpauschalen-Systems – oft auch DRG-System genannt – im Jahr 2003. Dies bedeutet, dass alle Kliniken bei ein- und derselben Erkrankung den gleichen pauschalen Betrag von der Krankenkasse erstattet bekommen – völlig unabhängig davon, wie lange der Heilungsprozess bei dem einzelnen Menschen dauert. Die Krankenhäuser sind dadurch bestrebt, die Patienten möglichst frühzeitig zu entlassen und vor allem die Operationen zu steigern, die sich finanziell lohnen. Laut einer Studie gefährdet dies nicht nur die Qualität der Behandlung, sondern führt auch zu einem Kostendruck. Das bedeutet konkret, dass die Kliniken die finanziellen Verluste, die sie aufgrund des Fallpauschalen-Systems machen, durch eine Reduzierung der Personalkosten auszugleichen suchen. Daraus resultiert eine dramatische Unterversorgung der stationären Krankenpflege. So fehlten bereits 2020 in Krankenhäusern 100.000 Vollzeitstellen. Allein durch diese chronische Unterbesetzung leiden die Mitarbeiter in der Pflege bereits seit Jahren unter Überlastung und unzumutbaren Arbeitsbedingungen, so dass viele gut ausgebildete Pflegekräfte ihren Beruf verlassen haben. Dies hat solche Dimensionen angenommen, dass man seit 2016 sogar vom "Pflexit" spricht. Nebst der hohen Arbeitsauslastung ist auch die Bezahlung katastrophal. So liegen, laut einem Bericht des Instituts Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule, 58 Prozent der Altenpflegehilfskräfte mit ihren Verdiensten unterhalb der OECD-Niedriglohnschwelle. Aufgrund dieser Zustände gaben viele Pflegekräfte ihren Beruf auf. Beispielsweise kündigten im Jahr 2021 in der Uniklinik Marburg gleichzeitig 15 von 16 Pflegekräften. Durch den Exodus der Pflegekräfte sind die Kliniken und Heime immer mehr gezwungen, auf Zeitarbeiter zurückzugreifen. Die Zeitarbeitsfirmen können durch die Zwangslage bessere Konditionen aushandeln, was dazu führt, dass Zeitarbeiter in der Pflege deutlich besser bezahlt werden, zum Teil ohne Nacht- und Wochenendarbeit leisten zu müssen. Viele kündigen daher, um eine Stelle als Zeitarbeiter zu ergreifen. Seit 2013 hat sich die Zahl an Zeitarbeitern in der Altenpflege verfünffacht. Dies führt einerseits zu einer Zweiklassengesellschaft zwischen Zeitarbeitern und festangestellten Kräften, zum anderen ist es für die Einrichtungen ruinös, da sie für einen Zeitarbeiter mehr als das doppelte bezahlen müssen. Eine Schlüsselrolle bei diesem Niedergang der Pflege spielt Gesundheitsminister Lauterbach. Denn er war als einer der wichtigsten Berater der damaligen Gesundheits-ministerin Ulla Schmidt maßgeblich daran beteiligt, dass die Fallpauschalen 2003 eingeführt wurden. Immer mehr Kliniken und Einrichtungen kamen dadurch in finanzielle Schieflage und wurden von privaten Krankenhauskonzernen übernommen. Einer dieser Konzerne war die Rhön Klinikum AG, die etliche Krankenhäuser aufkaufte. Lauterbach saß hier von 2001 – 2013 im Aufsichtsrat und war damit selbst Profiteur der durch ihn mit ausgelösten Privatisierungswelle im Gesundheitswesen. Als Gesundheitsminister hat Lauterbach nun – statt den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zu lindern – weiteres Öl ins Feuer gegossen. Mit der von ihm eingeführten einrichtungsbezogenen Impfpflicht, die bis Ende 2022 in Kraft war, wurden hunderttausende Pflegekräfte aus ihrem Beruf herausgedrängt bzw. wurde es neuen Auszubildenden verwehrt, eine Ausbildung zu beginnen, wenn sie sich nicht gegen Corona impfen lassen wollten. Diejenigen, die sich impfen ließen, hatten oftmals mit den Nachwirkungen der Impfung zu kämpfen. Eine Studie von 2022 aus Würzburg zeigte, dass das geimpfte Pflegepersonal nach den sogenannten Covid-19 Impfungen in unverhältnismäßig hohem Ausmaß im Krankenstand und dadurch arbeitsunfähig war. Zum Beispiel blieben nach der zweiten COVID-19 Impf-Dosis pro 1000 Angestellten im Gesundheitswesen 437,5 Angestellte zuhause, nach der dritten Dosis waren es mit 510 pro 1000 gar über die Hälfte. Die verbliebenen Kräfte mussten diese Verluste auffangen und hatten zudem mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen wie Maskenpflicht, Testpflicht und umfangreichen Hygienevorschriften zu kämpfen – auch noch dann, als diese für den Rest der Bevölkerung längst abgeschafft waren. Zitat eines im letzten Jahr von Kla.TV befragten Personalratsvorsitzenden eines Pflegeheims: "Die Arbeitsbedingungen sind miserabel. Sehr hohe Arbeitsdichte, schlechte Bezahlung. Stationäre Pflegekräfte müssen mehr Vorschriften umsetzen als ein Hochsicherheitsgefängnis." Er berichtete, dass immer mehr Pflegekräfte in die Schweiz oder nach Österreich abwandern würden, da die Bedingungen dort wesentlich besser seien. Fazit: Im Gesundheitsbereich braucht es eine komplette Umorientierung. Statt Gewinnmaximierung großer Klinik-Konzerne sollten wieder der Mensch, Genesung und Fürsorge an erster Stelle stehen. Hierfür müsste das Fallpauschalen-System abgeschafft, Pfleger angemessen entlohnt und Wege gefunden werden, dass eine Pflegekraft sich nicht um übermäßig viele Patienten gleichzeitig kümmern muss. Eine solche Trendwende scheitert bislang am politischen Willen sowie am Geld. Wobei dies in den letzten Jahren sehr großzügig ausgegeben wurde, nur eben nicht für die Linderung des Pflegenotstands. Stattdessen wurden Mrd. in fragwürdige PCR- und Antigentests investiert, die gar nicht für diese Zwecke geeignet und sogar gesundheitsschädigend waren. Alleine für die Bürgertests wurden 8,5 Mrd.€ ausgegeben und auch die Tests der Schüler verschlangen mehrere Milliarden. Hinzu kommen die Kosten für Masken, Desinfektionsmittel usw. Für all diese Dinge war die Politik sehr freigiebig, nicht aber, wenn es darum geht, Pflegekräfte besser zu entlohnen oder ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Durch den Exodus der einheimischen Pflegekräfte aus ihrem Beruf wäre die Politik nun eigentlich gezwungen, endlich etwas an diesen Zuständen zu ändern. Stattdessen aber gehen die Minister Heil und Baerbock nach Brasilien, um dort um Pflegekräfte zu werben. Diese werden die niedrigen Gehälter akzeptieren, da es noch immer ein Vielfaches dessen ist, was in Ihrem Heimatland gezahlt wird. So stehen weiterhin ausreichend billige Pflegekräfte zur Verfügung und man kann den Status Quo aufrechterhalten. Profiteure sind die großen Klinikkonzerne, die weiterhin große Gewinne auf Kosten von Pflegern und Patienten einfahren können.
von tz./mol
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/128103/Wir-wissen-dass-2030-circa-500-000-Pflegekraefte-fehlen-werden
Fallpauschalen https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/fallpauschalen-klinik-patienten-versorgung-pflegekraefte-1.5112052
https://jacobin.de/artikel/karl-lauterbach-der-privatisierer-corona-gesundheitsminister-ampel-pflegekrise-pflegenotstand-ulla-schmidt-fallpauschale-lipobay/
https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-007898
Pflexit und Arbeitsbedingungen in der Pflege Begriffserklärung „Pflexit“: https://de.wikipedia.org/wiki/Pflexit
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/zeitarbeit-pflege-westpol-100.html
https://goodnews-magazin.de/bessere-arbeitsbedingungen-pflege/
https://www.stern.de/gesundheit/pflegepetition/gehaltsdebatte--was-verdienen-pflegekraefte-in-deutschland--30464586.html
Die Rolle von Karl Lauterbach https://jacobin.de/artikel/karl-lauterbach-der-privatisierer-corona-gesundheitsminister-ampel-pflegekrise-pflegenotstand-ulla-schmidt-fallpauschale-lipobay/
https://www.spiegel.de/wissenschaft/der-einfluesterer-a-cac9b0b4-0002-0001-0000-000030346862
https://www.aerzteblatt.de/archiv/56239/Folgen-der-Privatisierung-von-Krankenhaeusern-Die-Spielregeln-sind-willkuerlich
Pflege: Verlust von Arbeitskräften wegen Impfpflicht https://www.presseportal.de/pm/161099/5195587
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-impfpflicht-gesundheitswesen-strafe-bussgeld-100.html
https://sciencefiles.org/2022/12/02/nebenwirkungspandemie-covid-19-impfung-ursache-der-personalknappheit-im-gesundheitswesen-90-benoetigen-medikamente-rund-30-sind-arbeitsunfaehig/
Kosten der Corona-Tests https://www.kbv.de/html/53975.php
https://www.wz.de/nrw/corona-tests-an-schulen-kosten-mehr-als-halbe-milliarde-euro_aid-67922007
https://www.welt.de/politik/deutschland/article238157613/Corona-Pandemie-Mehr-als-2-7-Milliarden-Euro-fuer-Schul-und-Kita-Tests-So-geht-es-nach-Ostern-weiter.html
Pflegekräfte aus Brasilien https://www.morgenpost.de/politik/article238601375/pflege-kraefte-anwerben-brasilien-heil-baerbock.html