Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Volker Boehme-Neßler (Prof. für Öffentliches Recht an der Universität Oldenburg) Ist eine allgemeine Impfpflicht gegen das SARS-CoV-2 verfassungsgemäß? https://individuelle-impfentscheidung.de/fileadmin/Downloads/Gutachten_Corona-Impfpflicht_final.pdf |
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10.03.2022 | www.kla.tv/21895
Laut einem Gesetzentwurf sollen ab Oktober 2022 alle Volljährigen in der Bundesrepublik Deutschland über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen. Diese in den Bundestag eingebrachte Vorlage soll am 17. März 2022 im Parlament behandelt werden. Rechtsanwältin Ellen Rohring erläutert im anschließenden Video dazu folgende Fragen: Welches Ziel soll durch die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht erreicht werden? Ist dieses Ziel und sind die Mittel zur Erreichung dieses Ziels legitim? Und ist die Einführung einer Impfpflicht eine geeignete und erforderliche Maßnahme? Hören Sie nun die juristische, leicht verständliche Einschätzung der Rechtsanwältin Ellen Rohring. Allgemeine Impfpflicht ab Oktober? (Kanzlei Rohring 05.03.2022) → https://www.youtube.com/watch?v=AyDeHlHUngU Über 200 Abgeordnete wollen, dass ab Oktober alle Volljährigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen. Die Vorlage soll schon am 17. März im Parlament behandelt werden. Als ich das letzte Mal ein Video zu der Frage gemacht habe, ob eine allgemeine Impfpflicht verfassungswidrig sein könnte, wurde dieses Video gelöscht, und ich bekam eine kurzfristige Sperre. Ich habe aber jetzt wieder so viele besorgte Anfragen bekommen, dass ich es nochmal wage, und ich hoffe, dass dieses Video jetzt nicht gelöscht wird. --------------------------------------------- Hallo und herzlich willkommen! Mein Name ist Ellen Rohring, und ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin aus Paderborn. Die Impfpflicht soll im Wege der Änderung des Infektionsschutzgesetzes eingeführt werden und ab dem 1.10.2022 in Kraft treten und am 31.12.2023 wieder außer Kraft treten. Es gibt keinen Impfzwang, sondern nur – also nach dem Entwurf gibt es keinen Impfzwang(!) – sondern nur eine Nachweispflicht über eine Impfung. Der dort geforderte Impfnachweis soll durch drei Impfungen mit einem der zugelassenen Impfstoffe erworben werden, wobei es Ausnahmen für Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel sowie Personen geben soll, die eine medizinische Kontraindikation nachweisen können. Niemand würde danach zwangsgeimpft oder mit Zwang einem Impfarzt vorgeführt werden können, und nach dem Entwurf soll allenfalls ein Bußgeld von maximal 2.500 Euro drohen. Erzwingungshaft droht nur, wenn man das Bußgeld nicht zahlen will – nicht, wenn man es nicht zahlen kann. Der Entwurf regelt außerdem den Ablauf der Gültigkeitsdauer der Nachweise und soll – ACHTUNG! – die Bundesregierung ermächtigen, sowohl die Anzahl der erforderlichen Impfungen als auch die Intervalle durch Rechtsverordnung ändern zu können. So könnten theoretisch Rechtsverordnungen mit halb- oder vierteljährlichen Nachimpfungen erlassen werden. So zur rechtlichen Würdigung. Insofern verweise ich noch einmal auf das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Volker Böhme-Neßler, Professor für öffentliches Recht an der Universität Oldenburg, was unter meinem Beitrag verlinkt ist. https://individuelle-impfentscheidung.de/fileadmin/Downloads/Gutachten_Corona-Impfpflicht_final.pdf Durch eine Impfpflicht wird in eine Vielzahl von Grundrechten eingegriffen, vor allem das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 GG. Bei den meisten Grundrechten gibt es einen Gesetzesvorbehalt, d. h. in diese Grundrechte darf durch ein verhältnismäßiges Gesetz eingegriffen werden. Einen solchen Gesetzesvorbehalt gibt es aber nicht bei Art. 1 GG, der Verletzung der Menschenwürde. Bei der alten Besetzung des Bundesverfassungsgerichtes hätte hier wohl schon der Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz im Jahr 2006 ausgereicht. Hierbei ging es um den möglichen Abschuss eines Flugzeuges bei einem offensichtlichen Terroranschlag, wenn dadurch eine Vielzahl von Menschenleben gerettet werden könnten. Und das Bundesverfassungsgericht hatte damals entschieden, dass kein Menschenleben dafür geopfert werden darf, ein anderes Menschenleben zu retten. Und das aktuelle Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 10.02.2021 gesagt, ich zitiere: „[…] dass eine Impfung in extremen Ausnahmefällen auch tödlich sein könnte.“ Die Argumentation könnte daher meines Erachtens übertragbar sein. Die anderen betroffenen Grundrechte dürfen zwar nach dem Gesetz eingeschränkt werden, das Gesetz muss aber ein legitimes Ziel verfolgen, darüber hinaus geeignet, erforderlich und angemessen – also verhältnismäßig im engeren Sinne – sein. Und dann stellt sich die Frage: Was ist denn eigentlich das Ziel? Die Steigerung der Impfquote als solches dürfte als legitimes Ziel nicht ausreichen, allenfalls als Zwischenziel, und auch nicht der Eigenschutz. Da gibt es Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach kein Schutz vor Selbstgefährdung und somit die Freiheit zur Krankheit besteht. Es gibt keine Verfassungspflicht, gesund zu leben. Fremdschutz und der Schutz des Gesundheitssystems, das sind legitime Ziele, da der Staat aus Art. 2 Abs. 2 des Satz 1 GG verpflichtet ist, das Leben und die Gesundheit seiner Bürger zu schützen. Zur Frage der Geeignetheit: Der Staat darf nur dann in Grundrechte eingreifen, wenn diese Maßnahmen überhaupt geeignet sind, den angestrebten Zweck zu erreichen. Laut Entwurf soll die Impfpflicht vor allen Dingen eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden, das trotz der massiven aktuellen Omikron-Variante nicht überlastet ist und auch nach dem Expertenrat des Gesundheitsministeriums und neuen veröffentlichten Daten des Bundesgesundheitsministeriums in den letzten zwei Jahren nicht überlastet gewesen sein soll. Der Gesetzesentwurf behauptet, eine Drittimpfung mindere das Risiko einer Ansteckung mit den aktuell vorherrschenden Virusvarianten, und verweist zum Beleg auf den RKI-Wochenbericht vom 03.02.2022. Der dortige Wochenbericht sieht aktuell aber schon ganz anders aus: Hier seht ihr den Wochenbericht vom 03.03.2022, und da kann man sehen, wie viele Doppelt- und Dreifachgeimpfte symptomatisch an Covid-19 erkranken! Das ist der obere Teil. Dabei wollen wir noch gar nicht darauf eingehen, wer jetzt hospitalisiert oder auf Intensivstationen behandelt wird. Interessant ist an dieser Stelle auch, dass selbst die Impfhersteller in denen von ihnen gefertigten Zulassungsstudien nie einen Fremdschutz behauptet haben sollen. Und auch die Gesundheitsbehörden haben ihre diesbezüglichen Äußerungen stark revidiert. Bis August 2021 hieß es auf der Webseite des staatlichen Paul-Ehrlich-Institutes: Covid-19-Impfstoffe schützen vor Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus. Im September revidierte das Institut und korrigiert: Covid-19-Impfstoffe schützen vor einem schweren Verlauf einer Infektion mit SARS-CoV-2. Nachdem auch das zweifelhaft geworden war, heißt es inzwischen: Covid-19-Impfstoffe sind indiziert zur aktiven Immunisierung zur Vorbeugung der durch das SARS-CoV-2 verursachten Covid-19-Erkrankung. Statt nur einen einzigen Wochenbericht des RKI zu zitieren, hätten die Abgeordneten auf die Informationsseiten des RKI blicken können, wo es heißt: In welchem Maß die Impfung die Übertragung des Virus reduziert, kann derzeit nicht genau quantifiziert werden. Das ist unter meinem Beitrag verlinkt. Ungeachtet dessen muss eine Impfpflicht auch erforderlich sein. Nach dem Gesetzesentwurf beträgt die Quote vollständig Geimpfter bei Volljährigen 84,6 Prozent, wobei man auch – so heißt es – von einer Untererfassung ausgehe und die Quote damit sogar bis zu 90 Prozent betragen könnte. Was ist mit den Millionen von Menschen, die jetzt an Omikron erkrankt sind und auch als immunisiert gelten sollten? Hier gibt es erstaunlicherweise keine Daten, obwohl jeder positive PCR-Test dem RKI gemeldet wird. Selbst wenn der Entwurf eine legitimes Ziel verfolgen sollte, ist es rätselhaft, warum diese enormen Quoten einer Immunität nicht ausreichen und nur eine Rettung mit einer Impfquote von 100 Prozent erreicht werden soll. Als Alternative drohen die Abgeordneten mit Lockdowns, aber auch das ist wenig überzeugend, wenn man sich als Beispiel England anschaut, das schon im letzten Sommer den Freedom-Day hatte trotz einer deutlich niedrigeren Impfquote. Und die Impfnebenwirkungen? Jede verfassungsrechtliche Beurteilung schließt mit einer Abwägung der Vor- und Nachteile. Zu möglichen Nebenwirkungen der Impfungen liest man im Gesetzesentwurf relativ wenig. Das Bundesverfassungsgericht stellt als höchstes deutsches Gericht fest, dass bei Covid19-Injektionen im Einzelfall auch schwerwiegende Impfneben-wirkungen eintreten können, die im extremen Ausnahmefall tödlich sein können (Randnummer 16). Infolge der weltweiten Impfkampagne gibt es zu Impfnebenwirkungen eine Fülle von Daten, die ausgewertet werden könnten und müssten. Dass dies scheinbar nicht erwünscht ist, zeigt die fristlose Kündigung des Vorstands der BKK Provita Andreas Schöfbeck, der darauf hingewiesen hatte, dass die Abrechnungen seiner Krankenkasse deutlich mehr Impfnebenwirkungen enthielten als die offiziellen Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts für ganz Deutschland. Eine allgemeine Impfpflicht kann verfassungsrechtlich nur legitimiert sein, wenn sie sich auch intensiv mit den Nebenwirkungen auseinandersetzt und dann eine ordentliche Abwägung vorgenommen werden kann. Das Fazit: Mit der allgemeinen Impfpflicht verfolgt der Gesetzgeber zwar mit dem Schutz des Gesundheitssystems ein legitimes Ziel. Dieses Ziel haben wir aber auch schon ohne eine Impfpflicht erreicht, da unser Gesundheitssystem die letzten zwei Jahre insgesamt nicht überlastet gewesen sein soll. Die Impfpflicht dürfte wegen der hohen Impfquote der Volljährigen und der Vielzahl von Immunisierten durch eine Infektion auch nicht erforderlich sein. Und geeignet ist sie angesichts der hohen Infektionszahlen von Geimpften und Geboosterten wohl auch nicht. Die Impfnebenwirkungen schließlich werden so vernachlässigt, dass eine Folgen-Abwägung der nicht endgültig zugelassenen Impfstoffe gar nicht richtig möglich ist. Und es ist für mich unverständlich, dass die Abgeordneten mit dieser Faktenlage tatsächlich eine Impfpflicht beschließen wollen.
von TS.
Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Volker Boehme-Neßler (Prof. für Öffentliches Recht an der Universität Oldenburg) Ist eine allgemeine Impfpflicht gegen das SARS-CoV-2 verfassungsgemäß? https://individuelle-impfentscheidung.de/fileadmin/Downloads/Gutachten_Corona-Impfpflicht_final.pdf